Sonntag, 31. Mai 2015

Verdrängungswettbewerb zwischen Mensch und Maschine

Eine aufsehenerregende Studie von Carl Benedikt Frey und Michael Osborne von der Universität Oxford kam im vergangenen Jahr zu dem Schluss, dass 47 Prozent aller Jobs in den Vereinigten Staaten massiv durch Roboter und Maschinen gefährdet sind. Das Bedrohliche an ihrer Prognose: Auch Berufe, die viel Wissen und kognitive, analytische Leistungen erfordern, stehen auf der roten Liste. Die Wissenschaftler glauben, dass sogar die Arbeit von Historikern und Ökonomen mit einiger Wahrscheinlichkeit bald von Maschinen übernommen wird.


  1. Taxifahrer: Eine Goldgrube ist das Beförderungsgewerbe noch nie gewesen. Jetzt aber brechen noch weitaus härtere Zeiten an. Kurzfristig müssen sich die Taxizentralen neuer Ridesharing-Apps wie Uber und Wundercar erwehren, die die Kundschaft dezent umleiten wollen. Langfristig übernehmen dann selbstfahrende Autos, ob von BMW, Nissan oder Google, das Lenkrad. Über Großbritanniens Straßen sollen die ersten schon ab Januar 2015 rollen.
  2. Steuerberater: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent werden (menschliche) Steuerberater in Zukunft überflüssig. Das sagen zumindest die Oxford-Forscher Frey und Osborne voraus. Steuersparmodelle werden dann nicht mehr in liebevoller Kleinarbeit von einem Experten durchgerechnet, sondern unter Zuhilfenahme von Big Data maschinell optimiert.
  3. Naturfilmer: Fotografen sind schon heute Kollateralschäden der Digitalisierung. Hochauflösende Smartphone-Kameras und Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop haben sie größtenteils obsolet gemacht. Die nächste Evolutionsstufe: Mit Drohnen werden bald die abgelegensten Winkel der Erde gefahrlos erkundet und aus Vogel- und Froschperspektive abfotografiert - ohne, dass sich Tier- und Naturfilmer wochenlang im Unterholz auf die Lauer legen müssen.
  4. Buchhalter: Eine Tätigkeit, die umfangreiches Zahlenwerk und viel Verantwortung mit sich bringt, zählt zweifellos zur Hochrisikogruppe. In Zukunft könnte es für Unternehmen geradezu fahrlässig sein, menschliche Rechenfehler nicht durch eine maschinelle Lösung von vornherein auszuschalten. Erstes Indiz: Im Jahr 1999 gab es noch über 200.000 Buchhalter in Deutschland, 2011 waren es noch knapp 180.000.
  5. Versicherungsmakler: Eine Haftpflichtversicherung abschließen, Kfz-Tarife vergleichen, Informationen über die Berufsunfähigkeit einholen - hier zeigt der Trendpfeil direkt ins Internet. Direktversicherer und Vergleichsportale übernehmen heute Aufgaben, auf die früher der Versicherungsvertreter vor Ort ein Quasi-Monopol hatte. Beendet ist die Entwicklung damit sicherlich noch nicht.
  6. Soldat: Schon seit Jahren wird der Einsatz US-amerikanischer Kampfdrohnen in Pakistan heftig diskutiert. Eine Waffe, die eigene Soldatenleben und (zumindest in der Theorie) auch das von fremden Zivilisten schont, werden sich die Militärs allerdings nicht mehr aus der Hand nehmen lassen. Mehr noch: Mittlerweile experimentiert das US-Militär mit verschiedenen Kampfrobotern für Luft-, Boden- und Unterwassereinsätze.
  7. Bibliothekar: Amazon verdrängt Buchläden, E-Books verdrängen (Papier-)Bücher. Spätestens wenn die Bibliotheken dieser Welt komplett digitalisiert sind, gibt es wohl keinen Bedarf mehr für belesene Damen und Herren, die den Besuchern freundlich Auskunft über den Standort von Tolstois “Krieg und Frieden” geben.
  8. Sprachlehrer: Weltweit steigt die Nachfrage nach Bildungsangeboten. Was aber nicht bedeutet, dass dieser Wachstumsmarkt von der Technisierung verschont bliebe. Über Online-Kurse, so genannte Massive Open Online Courses (MOOCs) werden schon heute Tausende Lernwillige zeitgleich von einem einzigen Dozenten am Bildschirm unterrichtet. Wer eine Sprache lernen will, teilt sich also in Zukunft seinen Online-Sprachlehrer mit vielen anderen - oder greift direkt auf eine professionelle Sprachsoftware zurück.
  9. Bankkaufmann: Zumindest Beratung und Service am Bankschalter sind Auslaufmodelle. Online-Dienste spucken blitzschnell die Konditionen von Giro- und Festgeldkonten aus, erlauben schnelle Überweisungen und Wertpapierkäufe. Sobald sich der bargeldlose Zahlungsverkehr durchgesetzt hat, hebt auch niemand mehr am Schalter größere Geldbeträge ab.
  10. Kreditanalayst: Komplexe Algorithmen analysieren, prüfen und beurteilen schon heute die Kreditwürdigkeit eines Antragstellers bis ins Detail. In Zukunft können die Rechner mit noch größeren Datenmengen gefüttert werden. Den Mitarbeitern aus Fleisch und Blut bleiben dadurch immer weniger Spielräume.